Resilienz-Management, ein umfassender Ansatz zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Unternehmen, gewinnt in Zeiten zunehmender Komplexität und Krisen an Bedeutung. Marco Felsberger, Dozent am FH Campus Wien, an der TH Deggendorf, an der IBS Akademie sowie beim BVSW e .V., erläutert, wie Unternehmen ihre Resilienz stärken können, um besser mit den Herausforderungen umzugehen.

In diesem Jahr bietet der Bayerische Verband für Sicherheit in der Wirtschaft (BVSW) e.V. bereits zum zweiten Mal die Fortbildung zum „BCM Resilience Manager“ an. Ein stärkeres Bewusstsein für Resilienz soll Unternehmen dabei unterstützen, Krisen effektiver zu bewältigen. Wir sprachen mit Marco Felsberger über die Bedeutung des Resilienz-Managements.

Im Vergleich zu verwandten Disziplinen wie dem Risiko-Management ist das Resilienz-Management laut Felsberger deutlich umfassender. Risikomanagement, Business Continuity und Security Management seien lediglich Teilbereiche davon. Resilienz beinhalte die Fähigkeit, die Auswirkungen von Risiken richtig einzuschätzen, unabhängig davon, ob es sich um vernetzte systemische Risiken oder Einzelrisiken handelt. Um diese Einschätzung vornehmen zu können, sei es wichtig zu verstehen, wie Risiken miteinander verbunden sind und sich in Netzwerken ausbreiten. Ein weiterer zentraler Aspekt des Resilienz-Managements sei das Verständnis für Engpässe und Abhängigkeiten. Es existieren verschiedene Methoden, um diese zu identifizieren, wie zum Beispiel die „Theory of Constraints“. Viele dieser Methoden seien jedoch noch nicht im Business Continuity Management (BCM) oder im Risikomanagement etabliert. Genau hier setzt der Kurs an, indem er neue Ansätze vermittelt. Selbstverständlich behandele der Kurs auch BCM, allerdings in einer adaptiven und dynamischen Form, die über die klassische Variante hinausgeht. Der Kurs biete somit das vollständige Handwerkszeug für den richtigen Umgang mit Unsicherheit sowie das wichtigste Werkzeug für Resilienz: eine gute und agile Führung sowohl im Alltag als auch in Krisenzeiten.

Angesichts seiner Tätigkeit in der Logistikbranche stellt sich die Frage, ob unsere Lieferketten ausreichend resilient sind. Felsberger zufolge ist in vielen Fällen eine unzureichende Resilienz festzustellen. Dies sei auf die Optimierung der Supply Chains in den vergangenen Jahrzehnten zurückzuführen. Optimierung bedeute per Definition das Streben nach Effizienz, was jedoch oft zu einem Mangel an Redundanzen führe und somit die Resilienz erheblich beeinträchtige. Darüber hinaus seien starke „Klumpenrisiken“ entstanden, sei es in Bezug auf bestimmte Länder wie China oder einzelne Hersteller und Produzenten. Die Konsequenzen dieser Klumpenrisiken seien während der Pandemie, insbesondere in der Halbleiter- und Chip-Industrie,

deutlich geworden.

Ein zentraler Begriff im Resilienz-Management ist die Fragilität. Im Gegensatz zur Vulnerabilität oder zum Risiko stellt die Fragilität eine inhärente Schwäche des Systems dar und kann als potenzielle Sollbruchstelle betrachtet werden. Dabei spielt die Eintrittswahrscheinlichkeit keine Rolle. Wahrscheinlichkeiten sind nie zu 100 Prozent zutreffend und daher für Extremereignisse unbrauchbar. Ein anschauliches Beispiel für Fragilität liefert die COVID-19-Pandemie. Hier war die Eintrittswahrscheinlichkeit für das Risikomanagement relativ uninteressant, während die Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem von großer Bedeutung waren. Die Sollbruchstelle in diesem Fall lag bei den Intensivbetten, was auf eine systeminhärente Fragilität hinwies. Eine solche Fragilität lässt sich gut berechnen, und wenn wir uns im Vorfeld darauf konzentriert hätten, sie möglichst resilient und flexibel zu gestalten, hätten wir die Pandemie möglicherweise besser bewältigen können.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung wird die Vernetzung in Unternehmen zunehmen und damit auch die Komplexität steigen. In diesem Umfeld ist es von entscheidender Bedeutung, resiliente Organisationen zu schaffen. Komplexität erschwert die Vorhersagbarkeit von Systemen weiter. Die Digitalisierung kann dabei sowohl Segen als auch Fluch sein. Eine gut umgesetzte Digitalisierung kann beispielsweise die Sichtbarkeit erhöhen, sodass im Ernstfall schnellere und proaktivere Reaktionen möglich sind. Allerdings ist heutzutage eine funktionierende IT unerlässlich, wie etwa die Vorbereitung auf einen Blackout verdeutlicht.

Resilienz-Management gewinnt immer mehr an Bedeutung, da Unternehmen mit einer zunehmend komplexen und unsicheren Geschäftswelt konfrontiert sind. Es geht darum, die Fähigkeit zu entwickeln, mit Unsicherheit und Krisen flexibel umzugehen. Dies erfordert ein ganzheitliches Verständnis von Risiken, Netzwerken, Engpässen und Abhängigkeiten. Eine gute Führung, sowohl im Alltag als auch in Krisenzeiten, spielt dabei eine zentrale Rolle. Resiliente Organisationen sind besser gerüstet, um mit den Herausforderungen der Zukunft umzugehen und sich erfolgreich anzupassen.

Marco Felsberger und der „BCM Resilience Manager“-Kurs des Bayerischen Verbands für Sicherheit in der Wirtschaft bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihr Resilienz-Management zu stärken und somit ihre Krisenfestigkeit zu verbessern. Die Erkenntnisse und Methoden aus dem Resilienz-Management können dabei helfen, die Komplexität zu bewältigen und resilientere Lieferketten, Prozesse und Systeme aufzubauen. Denn letztendlich liegt es in der Hand der Unternehmen selbst, ihre Resilienz zu stärken und sich den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu stellen.