Zu Gast beim BVSW: Henri Ulitzsch.
Er ist zweiter Vorsitzender des BVWD und Leiter Corporate Security bei Wacker Chemie AG.
BVSW: Der Bundesverband Wach- und Diensthunde e.V. wurde vor 10 Jahren gegründet. Welche Ziele verfolgt der Verband?
Henri Ulitzsch: Der BVWD engagiert sich für die Aus- und Weiterbildung von Diensthundeführern im privaten Sicherheitsgewerbe und bietet gleichzeitig eine Plattform für den Austausch. Ein wichtiges Ziel ist es, einheitliche Qualitätsanforderungen im Diensthundewesen zu schaffen. Das ist uns dieses Jahr gelungen: Nach langer und intensiver Arbeit wurde eine eigene DIN-Norm, die DIN SPEC 77201 veröffentlicht, die Qualitätsstandards für Diensthunde im Sicherheitsgewerbe festschreibt. An der Erarbeitung dieser Norm waren einige BVWD-Mitglieder maßgeblich beteiligt.
BVSW: Was genau regelt die neue DIN SPEC 77201?
Henri Ulitzsch: Die Norm besteht aus zwei Teilen. Der erste beschreibt die allgemeinen Qualitätsanforderungen an Wach- und Meldehunde, Schutzhunde und Sprengstoffspürhunde im privaten Sicherheitsgewerbe. Der zweite Teil regelt das Zertifizierungsverfahren, über das ein Diensthundeführer ein Zertifikat für diese Bereiche erlangen kann. Dieser Teil bestimmt auch, dass sich potenzielle Zertifizierer vorab akkreditieren lassen müssen. Außerdem enthält er Musterprüfungsordnungen für einheitliche und transparente Prüfungsstandards.
BVSW: Warum war die Schaffung einer einheitlichen DIN-Norm so wichtig?
Henri Ulitzsch: Diese Norm schafft einen einheitlichen und hohen Qualitätsstandard und sorgt für eine Vergleichbarkeit des Qualitätsniveaus unterschiedlicher Anbieter. Bisher gab es dafür keine einheitlichen Regelungen und machte die Auftragsvergabe entsprechend unsicher. Nehmen wir das Beispiel der Sprengstoffspürhunde: Aufgrund der zunehmenden Nachfrage war in den vergangenen Jahren eine schnell wachsende Angebotsvielfalt entstanden. So mancher Hundefreund, der einen Sporthund in der Freizeit führt, sah sich in der Lage, sein Tier zu einem Sprengstoffspürhund auszubilden. Ein Einsatz eines solchen Hundes bei einer Großveranstaltung, wie einem Konzert beispielsweise, bedeutet aber nicht weniger, als Leben und Eigentum anderer Menschen zu schützen. Dementsprechend gewissenhaft muss die Auswahl der Anbieter erfolgen. Mit der DIN-Norm haben Sicherheitsverantwortliche nun ein detailliertes Regelwerk an der Hand, um rechtssicher den passenden Dienstleister auszuwählen.
BVSW: Fällt die gerade Suche nach Sprengstoff nicht eher in den behördlichen Bereich?
Henri Ulitzsch: Die Bedrohungslage durch terroristische Anschläge hat sich in den vergangenen Jahren zugespitzt, was zu deutlich mehr Einsätzen der Polizei in diesem Bereich geführt hat. Entsprechend weniger Kapazitäten haben die Behörden für die präventive Suche nach Sprengstoff bei der Vorbereitung einer privaten Großveranstaltung oder einer Jahreshauptversammlung. Ein Vorteil bei dieser Art der Einsätze von privaten Spürhunden ist zum Beispiel, dass diese Spürhundeteams während der gesamten Veranstaltung zur Verfügung stehen, die Diensthunde der Behörden aber wegen abwehrender Einsätze verständlicherweise abgezogen werden oder gar nicht erst erscheinen können.
Auch im Bereich der Luftfrachtsicherheit, wo Unternehmen für die Sicherheit der Produkte und der Lieferkette verantwortlich sind, kommen private Anbieter zum Einsatz. Die Zulassung dieser Spürhunde auf Grundlage der EU-Verordnung durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ist auf gewerbliche Spürhundeteams ausgerichtet.
BVSW: Durchlaufen alle Wach- und Diensthunde die gleiche Ausbildung?
Henri Ulitzsch: Der BVWD setzt neuerdings auf drei Sparten, nämlich erstens Wach- Melde und Schutzhunde, zweitens Sprengstoffspürhunde und drittens andere Spürhunde. Die Anforderungen sind jeweils unterschiedlich. Rechtliche Grundlagen für den Einsatz von Diensthunden sind z.B. auch in den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft formuliert. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen des BVWD und auch die Anforderungen in der DIN SPEC 77201 wurden auf diese Unfallverhütungsvorschriften abgestimmt, um somit diesbezüglich einen Gleichklang zu schaffen und vergleichbare Ausbildungs- und Prüfungsgrundlagen herzustellen.
Für Wach-, Melde- und Schutzhunde sind natürlich andere Einsatzziele und -möglichkeiten formuliert als bei den Spürhunden. Neben den Sprengstoffspürhunden, die ausschließlich zum Auffinden von Sprengstoffen ausgebildet und eingesetzt werden, wollen wir auch für die anderen gewerblich eingesetzten Spürhundearten, wie z.B. Datenträger-, Bargeld- und Personenspürhunden eine Plattform bieten, um gemeinsam zu trainieren und sich auf Einsätze und die geforderten Prüfungen auf hohem Niveau vorzubereiten. Eine besondere Herausforderung ist bei den Sprengstoffspürhunden z.B. die Fähigkeit der Hunde, dass diese bei einem Fund ausschließlich passiv anzeigen müssen. Das heißt, der Hund darf den verdächtigen Gegenstand auf gar keinen Fall berühren und auch nicht bellen, um sich selbst und seinen Hundeführer nicht in Gefahr zu bringen. Er zeigt also einen Fund an, indem er sich beispielsweise auf den Boden legt oder ein ähnliches, passives Zeichen gibt. Beim Anzeigeverhalten der anderen Spürhunde ist das sicher nicht von so hoher Priorität.
Die Mehrzahl der behördlichen Diensthunde übrigens durchlaufen eine sogenannte „duale Ausbildung“ und sind Schutzhund und Spürhund zugleich. Der Vorteil dieser Ausbildungsphilosophie liegt sicher in einem effektiveren Einsatz der Diensthunde, Nachteile ergeben sich daraus, dass nicht alle Hunderassen hier zum Einsatz kommen können und der Einsatz unter bestimmten Einsatzbedingungen eher schwerer ist. Wir im BVWD verfolgen den Ansatz, dass als Wach-, Melde- und Schutzhunde natürlich die zugelassenen Diensthunderassen zum Einsatz kommen, im Spürhundebereich können alle für die Aufgaben geeigneten Hunde ausgebildet und eingesetzt werden.
BVSW: Wie wird man Diensthundeführer?
Henri Ulitzsch: Grundvoraussetzung ist eine Unterrichtung nach § 34 a Gewerbeordnung. Der BVWD bietet berufliche Weiterbildungen von Diensthundeführer-Teams an. Die praxisnahen Elemente bereiten bestmöglich auf die Arbeit vor und die Prüfungen sind durch die Berufsgenossenschaft anerkannt. Ebenso bieten wir Trainings für die Ausbildung von Wach- und Schutzhunden sowie von Sprengstoffspürhunden an. Die Ausbildung von Diensthundeführung ist nicht primär das Thema des BVWD, verschiedene IHKs und private Institutionen bieten diese Ausbildung an, interessierte Personen können sich zwecks Suche nach der geeigneten Ausbildungseinrichtung gerne an den BVWD wenden.
BVSW: Der BVSW setzt sich für die Sicherheit der Wirtschaft in Bayern ein. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Verbänden?
Henri Ulitzsch: Mitgliedsunternehmen des BVSW können sich jederzeit mit Fragen an unsere Fachleute wenden außerdem stehen ihnen unsere Ausbildungen, Trainings und Schulungen zu besonderen Konditionen offen. Darüber hinaus unterstützen wir regelmäßig die BVSW Schulung zum Thema „Gefährliche Postsendungen“, die auch diesen Herbst wieder stattfinden wird.
BVSW: Vielen Dank für das Gespräch!