Die CORONA-Pandemie hat die Debatte über eine „Entglobalisierung“ bzw. ein „decoupling“ (von globalen Lieferketten) und „reshoring“, d.h. eine Rückführung der industriellen Produktion als Mittel der Risikominderung erheblich beschleunigt. „Die Phase der „Hyperglobalisierung“ dürfte auf absehbare Zeit auch deshalb vorbei sein, weil geopolitische Konflikte und protektionistische Tendenzen weltweit zunehmen“ sagt der Politikwissenschaftler, Dr. Gunther Schmid.
Die wachsende Großmachtrivalität zwischen USA und China und der damit verbundene Kampf um die Vorherrschaft im digitalen Zeitalter bereitet den Boden für die Herausbildung von getrennten technologischen Einflusssphären und einer neuen geoökonomischen Weltordnung („Patchwork“-Globalisierung).
Während die aggressive chinesische Industriepolitik auf eine globale Technologieführerschaft bis 2025/2035 abzielt und die Pekinger Führung einen unübersehbaren globalen Macht- u. Gestaltungsanspruch propagiert, stellt sich die neue amerikanische Biden-Administration offensiv auf einen verschärften globalen Systemwettbewerb mit China ein. Die Leistungsfähigkeit (auch im Notfall) und Legitimität konkurrierender politisch-gesellschaftlicher Ordnungsmodelle dürften deshalb die zentralen Parameter in der internationalen Politik der Nach-CORONA-Zeit werden.
Für die EU wird die zentrale strategische Herausforderung in der kollektiven erfolgreichen Selbstbehauptung Europas gegen größere, insbes. autoritäre Mächte bestehen, die zugleich Partner, Wettbewerber und systemisch-ideologische Kontrahenten sind.
Die Positionierung Deutschlands in der neuen „Multi-Ordnungswelt“ als Teil des politischen Westens wird zur weit über Europa hinausreichenden umfassenden Gestaltungsaufgabe Berliner Politik.
Dr. Gunther Schmid studierte von 1970 bis 1975 an der Ludwig-Maximilians-Universität Politische Wissenschaft und Neuere Geschichte sowie Staats- und Völkerrecht. Von 1975 bis 1984 Lehr- und Forschungstätigkeit sowie Promotion bei Prof. Kindermann am Seminar für Internationale Politik. Von 1985 bis Ende 2012 im Bundeskanzleramt im Themenfeld internationale Sicherheitspolitik und globale Fragen (mit Schwerpunkt Asien/China) Ab 2003 Professur für Internationale Politik und Sicherheit an der Beamtenhochschule München / Berlin