Autokratien sind auf dem Vormarsch, Tech-Konzerne weiten ihren Einfluss aus, Künstliche Intelligenz hält Einzug in die unterschiedlichsten Lebensbereiche und Europa muss seine Rolle in der Welt festigen. Wie verschieben sich damit Grenzen der Sicherheit? Antworten auf diese und viele weitere Fragen lieferte BVSW Wintertagung vom 12. bis 14. März 2025.

„Wir freuen uns, dass Sie wieder so zahlreich unserer Einladung zur Wintertagung gefolgt sind. Das ist für uns die beste Bestätigung, wie sehr dieses Format von der Sicherheitsbranche geschätzt wird“, begrüßten BVSW-Geschäftsführerin Caroline Eder und der Vorstandsvorsitzende Johannes Strümpfel die über 150 Teilnehmenden. Die Veranstaltung im Arabella Alpenhotel am bayerischen Spitzingsee war ein weiteres Jahr in Folge restlos ausgebucht. „Mittlerweile hat sich die BVSW Wintertagung als fester Termin für Sicherheitsexperten etabliert, die sich über aktuelle und zukünftige Herausforderungen in der Sicherheit informieren und dabei auch über den Tellerrand des eigenen Fachgebietes hinausschauen wollen.“

Eine hochkarätig besetzte Gesprächsrunde läutete die BVSW Wintertagung am Mittwochabend ein: Michael Schwald, Landespolizeipräsident Bayern, Michael George, Leiter des Cyber-Allianz-Zentrums Bayern im Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz, und Johannes Strümpfel, stellvertretender Sicherheitschef der Siemens AG, beleuchteten die aktuellen Themen der Inneren Sicherheit und die Folgen für die Sicherheitsabteilungen sowie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Sicherheitsbehörden.

Trumps zweite Amtszeit und ihre Bedeutung für Europa

Der zweite Tag startete mit dem Vortrag von Prof. Dr. em. Günther Schmid. Sein mit Spannung erwarteter Beitrag befasste sich mit der zweiten Amtszeit Donald Trumps und den sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Folgen für Deutschland und Europa.

Dass die positive wirtschaftliche Entwicklung in den USA für weite Teile der Bevölkerung nicht spürbar wurde, war laut Schmid der wesentliche Grund für die Wiederwahl Trumps. Die Demokraten hatten keine Antworten gefunden auf die steigende Inflation und die hohen Preise auf dem Wohnungsmarkt. Trumps Wahlsieg markiert indes das Ende der transatlantischen Epoche, der Grundlage deutscher Außenpolitik in den vergangenen Jahrzehnten. Er verfolgt eine Politik der nationalen Interessen, die multilaterale Strukturen schwächt. Während die USA sich zurückziehen, könnte China global an Einfluss gewinnen. Eine weltweite Anti-Trump-Allianz sei nicht zu erwarten – stattdessen könnten andere Länder seiner Politik folgen.

Für Deutschland bedeutet dies: Es muss seine Abhängigkeiten verringern, eigene Interessen klarer formulieren und Europa sowie die europäische Säule in der NATO stärken.

Neue Spannungsfelder: Weltraum, digitale Infrastruktur und KI

Nationale Interessen spielen nicht nur auf der Erde eine immer wichtigere Rolle, sondern auch im Weltraum. Trotz seiner scheinbaren Unendlichkeit ist der für den Menschen nutzbare Platz dort durchaus begrenzt, was zu einer steigenden geopolitischen Rivalität führt, erklärte Andrea Rotter, Referatsleiterin für Außen- und Sicherheitspolitik an der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung. Der Weltraum ist für viele Services auf der Erde wichtig, sei es für Navigationssysteme oder die Finanzwirtschaft. Aber auch zukünftige Technologien wie das autonome Fahren sind auf Satelliten im All angewiesen. Neben staatlichen Akteuren versuchen immer häufiger auch private Unternehmen, sich einen strategisch günstigen Platz im Weltraum zu sichern.

Vom Weltraum in die Weltmeere führte der Vortrag von Oliver Rolofs, Berater für strategische und politische Kommunikation. In seinem Beitrag ging es um Seekabel, eine unsichtbare, aber entscheidende Infrastruktur für die digitalisierte Wirtschaft, die in jüngster Zeit immer wieder durch Sabotageakte in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist. Neben der Bedrohung durch Angriffe sorgt die zunehmende Dominanz der großen Technologiekonzerne Meta, Apple, Microsoft, Google und Amazon auch in diesem Sektor für eine wachsende Machtkonzentration in den Händen privater Akteure. Eine stärkere Kontrolle der privaten Betreiber und bessere Sicherheitskonzepte über und unter Wasser gewinnen daher an Bedeutung.

Seekabel sind wichtige Datenautobahnen für einen Technologietrend, der derzeit in aller Munde ist: Künstliche Intelligenz ist für sehr viele Anwendungsbereiche hilfreich, kann aber in falschen Händen genauso gut zur strategischen Waffe werden. Das zeigte eindrucksvoll der Vortrag von Boris Bärmichl, Technologiescout und Vorstand der Digitalsparte beim BVSW.  Bärmichl bewertete den EU Artificial Intelligence Act als wichtigen Schritt in die richtige Richtung, um Missbrauch zu verhindern.

Dr. Holtherm, Generalstabsarzt und Leiter der Task Force Medizinischer ABC-Schutz, lenkte den Fokus auf die Bedrohungen durch atomare, biologische und chemische (ABC) Kampfstoffe. Als besorgniserregend bewertete Dr. Holtherm die neue Bedrohung durch Drohnen, die diese Kampfstoffe über größere Distanzen transportieren können.  Künstliche Intelligenz spielt auch in seinem Fachgebiet eine wachsende Rolle und zeichnet sich durch einen problematischen „Dual Use“ aus. So lässt sich Künstliche Intelligenz einsetzen, um die Heilung von Krankheiten zu erforschen, aber auch, um beispielsweise resistente Bakterien zu entwickeln. Dr. Holtherm betonte daher die Notwendigkeit klarer rechtlicher Regeln, um den Missbrauch dieser Technologie zu verhindern.

Von Physik und Mimik

Zum Auftakt des letzten Kongresstags nahm Prof. Dr. Metin Tolan die Teilnehmenden mit auf eine physikalische Mission ins James Bond-Universum. In einem äußerst kurzweiligen Beitrag überprüfte der Physiker die technischen Spielereien des legendären Doppelnullagenten auf ihre Plausibilität. Rasante Verfolgungsjagden, Spiegelungen oder ein Lauf über Krokodilrücken, nicht alles hält den Gesetzen der Physik stand. Und auch die Frage, warum Bond seinen Martini immer geschüttelt trinkt und nicht gerührt, wurde geklärt. Die Antwort liegt, wer hätte es gedacht, in der Physik.

Von der Welt des Filmes zurück in die Realität der Verhandlungen und Verhöre führte der Beitrag von Sabrina Rizzo. Die Polizeicoachin und Expertin für nonverbale Kommunikation gab einen Einblick in ihr Rizzo-Konzept. Sie zeigte, wie Mimik, Gestik und Körpersprache Hinweise auf innere Zustände und mögliche Täuschungsversuche geben. Anhand realer Kriminalfälle – darunter Amanda Knox und der Mord am russischen Botschafter Andrej Karlow – demonstrierte sie, welche mimischen Signale auf Ungereimtheiten hinweisen können. Ihr Vortrag verdeutlichte, dass Verhandlungen und Befragungen weit mehr sind als das gesprochene Wort: Wer Körpersprache richtig deutet, hat einen entscheidenden Vorteil.

Karriere und Weiterbildung in der Sicherheit

Auch das Thema Karriere in der Sicherheitsbranche hat auf der BVSW Wintertagung seinen festen Platz. Der BVSW engagiert sich stark im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften in der Sicherheit, damit der steigende Bedarf an qualifizierten Experten auch zukünftig gedeckt ist.

Ein Beispiel für die vielfältigen Karrierewege lieferte Sebastian Reis. Nach seiner Zeit bei der Bundeswehr führte ihn sein Werdegang über verschiedene Stationen in der zivilen Sicherheit bis hin zu seiner heutigen Position als Manager Corporate Security bei Quantum Systems. Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg war das berufsbegleitende MBA-Studium „Strategy, Global Risk & Security Management“ an der Technischen Hochschule Ingolstadt – ein Studiengang, für den der BVSW bereits seit sechs Jahren die Schirmherrschaft übernimmt.

Wer eine erste akademische Qualifikation im Sicherheitsmanagement anstrebt, kann den vom BVSW initiierten Bachelorstudiengang an der Technischen Hochschule Deggendorf absolvieren. Vertreter beider Hochschulen stellten im Anschluss die Studiengänge vor.

Blick in die Zukunft

Den Abschluss der Wintertagung bildete, wie jedes Jahr, der Vortrag von Dr. Benedikt Franke, dem stellvertretenden Vorsitzenden und CEO der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Er gab exklusive Einblicke in die wichtigsten Momente der diesjährigen MSC, von der vielen vor allem die denkwürdige Rede des amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance in Erinnerung geblieben war. In ihr sieht Franke Teil einer neuen Strategie der USA, die übrigens mit der größten Delegation jemals zur MSC erschienen war, die Europäer zur Steigerung ihrer Verteidigungsausgaben zu zwingen. Eine Strategie, die nach derzeitigen Erkenntnissen aufzugehen scheint.

Insgesamt wurde die diesjährige Wintertagung von den Teilnehmenden als sehr positiv bewertet und viele planen, nächstes Jahr wieder dabei zu sein. Bereits jetzt ist die 14. Wintertagung in Vorbereitung, die vom 11. bis 13. März 2026 stattfinden wird. Anmeldungen sind ab sofort möglich unter www.bvsw.de